Cellistin Sophie Abraham im Interview

14. September 2020 Anderswo 0
Cellistin Sophie Abraham im Interview

In letzter Zeit hört man fast noch noch mehr wunderbare Musik aus den Fenstern über dem Wohnprojekts-Kinderspielplatz als normalerweise und weil zusätzlich eine geplante Weltpremiere im Herzen des Wohnprojekts ins Haus steht, haben wir die Cellistin Sophie Abraham gebeten sich für ein kleines Interview Zeit zu nehmen. 
Dazu haben wir es uns direkt in ihrem Wohnzimmer gemütlich gemacht in das neben dem üblichen Inventar einer Wohnküche auch unübliches gewachsen ist. An den Wänden stehen stehen weiße Schallabsorber, wenn man sich auf das Sofa setzen will muss man durch einen Mikrophon-Wald und aufpassen über keines der überall aufgeploppten lustig bunten Recording-Kistchen zu stolpern. Was ist da passiert?

Interview:
Was machst Du da grad in Deinem Wohnzimmer?

(Lacht) Ich nehme da gerade mein Solo-Album auf – ein Wunsch den ich schon seit 10 Jahren hege ungefähr, aber ich hab mich bis jetzt nie getraut, weil ich mir dessen bewußt bin was so viele andere tolle Leute machen.. und ich war aber in der Zwischenzeit doch auch immer sehr fleißig, hab komponiert und mich weiter entwickelt und jetzt bin ich so weit, dass ich zu dem steh auch wirklich ganz offiziell, was ich mir da so ausdenk. 
Und jetzt möchte ich diesen Traum mir selber erfüllen und nehme mein Solo-Album auf. Und das mache ich eben nicht in einem Studio, wo zwar der Komfort für mich wahrscheinlich sehr hoch wäre, sondern ich nehm das zuhause auf, wo ich mir einerseits ein bissl mehr Zeit nehmen kann und mich außerdem mehr auskennen lerne wie man das so macht, damit ich das für die Zukunft und für kleinere Produktionen auch einfach wesentlich besser selber machen kann. 

 

Aber Du hast ja schon mehrere Solo Programme jetzt gemacht…

Naja – ich spielte bis dato oft alleine mit Literaten wie Folke Tegetthoff oder Emil Breisach oder verschiedenen anderen – da spiel ich dann immer so kleine Stücke – das mach ich schon ewig, aber wirklich so ein abendfüllendes Soloprogramm, da ist das jetzt mein zweites. Mein erstes hieß „Sophie geht den Bach runter“, aber da hab ich die erste Solo-Suite von Bach gespielt so wie sie is, mit eigenen Stücken dazwischen und ich hab mir gedacht für ein Solo Album werd ich jetzt nicht Bach aufnehmen. Ich kann das schon auf meine eigene Art interpretieren, aber das hat wenig mit echter historischer Aufführungspraxis zu tun und meiner Meiner nach wenn man Bach aufnimmt dann sollte man das historisch gesehen machen und das wärs jetzt nicht gewesen, das können andere besser. 
Und dieses Album ist mit einer ganz anderen Perspektive geschrieben. Es heißt Brothers und ist eine Hommage an meine Brüder. Eine Hommage an das Leben und die Schönheit, aber auch an den tieferen Sinn des Lebens aus einer Perspektive wo man sieht dass das Leben nicht ewig ist. Meine 2 Brüder sind 1993 unter eine Lawine gekommen und das hat meine Familie und mich extrem geprägt. Diese Musik ist ein Statement und eine Huldigung an die Schönheit die sie in ihren viel zu kurzen Leben erlebten – wie ich aus den Fotos und Geschichten sehe – sie haben das sehr genossen das Leben.

Was ist denn da für Dich das herausforderndste dabei? Oder wie ist der Prozess von dem Gefühl oder dem Thema das jetzt groß ist und schön und traurig und alles irgendwie, zu Deiner Musik.

Also herausforderndstes weiß ich jetzt gar nicht, aber wie ich vorgehe ist – jedes Stück das ich bis jetzt aufgenommen habe, hat eine klare Geschichte, hat ein ganz klares Bild und dieses Bild ist inspiriert von entweder Geschichten oder Fotos oder Erinnerungen.

Und die Bilder hast Du Dir so zurecht gelegt? 

Das ist teilweise eher so herangeflogen gekommen. Also strukturiert: dieses Foto nehm ich jetzt her und da mach ich jetzt ein Lied, das wars gar nicht. 
Letztens hab ich einen Kurs geleitet in Lunz am See bei den Wellenklängen und hatte im Anschluss die Gelegenheit bei einem Kompositionsworkshop selber als Teilnehmerin mitzumachen und die haben gesagt – geh um den See herum und schau was dich da so inspiriert und da hat mich tatsächlich ein Bild sehr inspiriert am See sitzend.
Da hab ich einen Stein ins Wasser geworfen und diese Kreise, die sich ausgebreitet haben.. und wie ich dann rein geschaut hab und das Spiegelbild gesehen hab, dann hat sich eine Geschichte entfaltet – und über dieses Bild gibt es jetzt dann ein ganzes Stück zum Beispiel. In Erinnerung bzw. inspiriert durch den Löwenkönig der da ins Wasser schaut und seinen Vater da so sieht.. ‚Remember… remember who you are‘

Der Film „Der König der Löwen“..

Der König der Löwen, also ich weiß nicht ob das 1993 raus gekommen ist, aber das hab ich in Amerika gesehen in der Zeit als meine Brüder gestorben sind. Der König der Löwen war für mich prägend  – das is ja auch so eine Geschichte wo es um den Tod geht und da kommen ganz viele Erinnerungen…

O.K. das heißt, das ist auf jeden Fall ein irre intensives Thema..

Ja, das ist ein irre intensives Thema und ich kann das zum Glück auch bei den Konzerten so richtig spüren. Beim Aufnehmen isses ein bissl nüchterner – also (lacht) weil ich mich so um die Technik kümmern muss, weil ich halt selber die ganze Zeit auf Start/Stop, editieren, aufschreiben welcher Take war gut – das macht’s dann ein bissl unromantischer. Obwohl ich schon schau.. – ich mein zuhause ist das natürlich trotzdem super. Und vielleicht isses auch gut wenn ich klar bleib im Kopf.

..ich spann jetzt noch einen Bogen ein bissl weiter in der Zeit – was war denn im letzten Jahr für Dich so ein Highlight?

(Gesungen:) Corona 🙂 
Im letzten Jahr… musikalisch ein Highlight is auf jeden Fall das wir – wir das heißt in dem Fall mein Streichquartett, das radio.string.quartet mit Roland Neuwirth – eine Platte aufgenommen haben und auch veröffentlichen wollten im April…. Aber da war jetzt am 29.8. das offizielle CD-Release Konzert im großen Konzerthaus-Saal in Wien. Endlich! Fantastisch!! (Lacht) Wir hätten im Mozartsaal gespielt, nur der Mozartsaal war schon nahezu ausverkauft und im Zuge von Corona haben 4 Leute die Karten zurück gegeben fürs Geld und alle anderen haben auf den Ersatztermin gewartet. Und 500 passen jetzt mit den Corona-Regeln nicht in den Mozart-Saal und der große Saal war eh grad frei 🙂 Also das war ein Highlight. 
Ansonsten sind viele Highlights leider zugrunde gegangen an Corona. Es sind wahnsinnig viele Konzerte abgesagt worden, bzw. verschoben auf den Herbst. Der wird hoffentlich intensiv.

..Du machst ja laufend Kooperationen mit ganz vielen Musikerinnen und Musikern und jetzt kommt ein Programm auch mit der Julia Lacherstorfer..

Genau. Julia Lacherstorfer hat ein Solo-Programm geschrieben, das heißt Spinnerin – a female narrative und sie beleuchtet da die alpenländische Musik aus der Perspektive der Frau. Sie hat viel herum gesucht – was wurde von Frauen geschrieben in der alpenländischen Volksmusik, oder traditionellen Musik? Bzw. wo geht’s um Frauen, wo werden Lieder aus der weiblichen Perspektive gesungen? Jetzt ohne sexistische Hintergründe. Und da war relativ wenig – also sehr wenig.
Man kann von traditioneller Musik nicht immer wissen wer das jetzt erfunden hat, da is wahrscheinlich eh viel auch von Frauen erfunden worden, nur diejenigen die das dann aufgeschrieben haben waren dann wieder Salz-Beamte, Postbeamte, Bäckermeister, die dann die Melodien gesammelt haben. Auch wieder alles Männer.
D.h. es ist nicht so einen leichte Suche gewesen, deshalb hat sie auch wahnsinnig viel selber geschrieben nachdem sie Bücher über Frauen in den Alpen gelesen hat und hat deren Geschichten vertont. Hauptsächlich deren unglaublich hartes Leben. Hat viele Interviews gemacht mit älteren Bauersfrauen und arbeitet die zum Teil auch im Live-Programm ein. Ich bin mit Julia auf der Bühne, wir sind zu zweit auf der Bühne und das ist eine sehr schöne Sache! Spinnerin – a female narrative

Hört sich super spannend an – und wann spielt ihr das das erste Mal? Wann geht das los?

Hier! Im Wohnprojekt B.R.O.T. Pressbaum spielen wir dieses Programm zum ersten Mal so richtig. Am 17.9. wird’s hier so ein Pre-Release Special geben – und da freuen wir uns schon sehr!

Cool! Und wo kann man das dann noch anschauen, weil hier müssten Corona-bedingt wahrscheinlich noch ein paar Leute vor der Tür stehen bleiben..?

Ja wir haben ausgerechnet, das 40 Leute rein gehen, aber das ist natürlich sehr wenig – am 19.9. in Mürzzuschlag, am 9.10. in Seekirchen am Wallersee, am 15.10. in Innsbruck, am 16.10. im Cafe Caspar in Wien, am 17.10. in Bad Hall, am 20.10. in der Sargfabrik in Wien, 5.11 in Schladming… Termine sonst am besten auf den Websites (siehe unten)

Und noch einmal retour zum Anfang – wann wird Dein Solo-Album denn fertig sein? Wie ist da der Fahrplan?

Der Fahrplan ist, dass ich das im April nächsten Jahres veröffentliche.

Und da gibt’s dann hoffentlich wieder so ein Pre-Release Konzert im Wohnprojekt?

Ja Hoffentlich! Alle Musiker hoffen ja, dass das mit den Konzerten irgendwann mal wieder ein bissl normaler geht. Wenn die Räumlichkeiten groß sind geht ja eh einiges, aber die Leute gehen auch weniger gern ins Konzert, weil es halt auch ein bissl gefährlicher ist.

Ja und es is halt alles auch so schwer planbar – auch für die Veranstalter.. Maskenpflicht etc. ..

Was wir jetzt ganz oft haben, aber da muss halt auch irgendwann eine Art Normalität einkehren.. ich bin jetzt schon von 2 Projekten gefragt worden.. ah- das ist schon auch noch ein schönes Projekt, das ich erwähnen möchte: am 6. November und wahrscheinlich auch am 4. November werden wir im Musikverein, im gläsernen Saal – wir ist hier mein Trio Frühstück, ein klassisches Klavier Trio, Klavier-Geige-Cello – mit Anja Plaschg aka Soap & Skin ein Abendprogramm machen.
Und da wurden wir zum Beispiel gefragt, das zwei Mal zu spielen. Eben an 2 Abenden. Für insgesamt gleich oder sogar weniger Honorar.. Und das wird uns noch öfter passieren. Das ist echt schlimm – also von Veranstalterseiten irgendwie verständlich, das man halt irgendwie versucht über die Runden zu kommen, aber die Künstler sind dann im Endeffekt doch immer wieder die Deppen, weil sie dann die Leute sind, die am Ende der Kette das Geld kriegen und eh glaub ich verhältnismäßig am wenigsten kosten. Aber da wird eingespart und herum verhandelt…

Liebe Sophie! Danke für das Interview!

—> für PreRelease/Weltpremiere Spinnerin – a female narrative gibt zu Redaktionsschluss es noch maximal 10 Plätze – bei Interesse bitte schnell per mail an sophie_abraham@hotmail.com schreiben.

Termine

http://sophie-abraham.com

Sophie @work